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Ansicht der Kartause Ittingen 1677

Herstellungsjahr: 1677

Technik: Ofenkachel

Etwa den gleichen Bauzustand wie das Bild in Agio Melos zeigt eine Kachel am Refektoriumsofen aus der Winterthurer Werkstätte der Hafner Pfau von 1677. Um sich dem Hochformat der Kachel anzupassen, musste der Ofenmaler die linke Seite der Wirtschaftsbauten weglassen. Die Bauten hat er in die Waldlandschaft unter leicht bewölkten Himmel gesetzt und die Anlage durch einen Kartäuser und einen Hund belebt.
Die sicher gezeichnete Darstellung lässt gegenüber jener in Agio Melos einige Details noch klarer erkennen. So sind der Ost- und der Westflügel der Konventsgebäude nördlich gegen die Kirche mit Treppengiebeln abgeschlossen. Den Übergang zum niedrigen Nordflügel des kleinen Kreuzgangs scheinen zwei Zwischenteile gleicher Höhe zu bilden, von denen jenes des Ostflügels deutlich sichtbar, jenes gegenüber aber verborgen ist. Hier stiess auch der Ofenmaler auf Probleme mit der Perspektive, scheint sich doch der kleine Kreuzgarten – auch hier mit Grabkreuzen als Friedhof gekennzeichnet – etwa auf Höhe des ersten Stockwerks zu befinden, wenn man ihn zum Kirchenportal in Beziehung setzt. Höher als der Wirtschaftshof liegt er allerdings auch in Wirklichkeit. Der Anbau der Kirche, der die Sakristei sein könnte, trägt statt eines Satteldachs ein Pultdach, das sich als Schleppdach ans Kirchendach anfügt. Die «zerleite Linde», der Baum im grossen Kreuzgarten, ist nun voll entwickelt und bietet den Mönchen mit dem Gartenhaus im unteren Teil einen Ort zur sonntäglichen Erholung und Pflege der Gemeinschaft. Die Vorhalle zur Kirche weist noch das Rundbogenportal auf, doch fehlen die beiden seitlichen Fensterchen.
Wenn wir den Südflügel der Konventbauten betrachten, finden wir alle Elemente aus der Darstellung in Agio Melos, aber wohlsortiert und proportional geordnet. Unklar ist allerdings die Stellung des Anbaus mit Quergiebel, denn hier scheint er nicht die Fortsetzung des Westflügels zu sein, sondern er liegt deutlich weiter aussen, was vielleicht auf eine Ungenauigkeit des Ofenmalers zurückzuführen ist. Der Ausgang von der Küche her ist hier erstmals durch ein Pultdach hervorgehoben. Recht prominent ist der Fischgehalter und das Gewölbe zum Kräuterwerk in Szene gesetzt, beides am Übergang zum streng rechteckig in Beete eingeteilten Küchengarten. Der Weingarten vor dem Knechtehaus scheint grösser geworden zu sein, aber es kann sich auch um eine Täuschung der Perspektive handeln. Gross und behäbig wie sonst nirgends erscheint auch die rechtwinklig an die Mühle anschliessende Pfisterei. Vor der Mühle zieht sich ein pfostengestütztes Vordach bis zur Mauer mit Portal neben dem Pferdestall. Die Brunnensäule des achteckigen Brunnens wird von einer Kugel abgeschlossen.
Angesichts der zu vermutenden Genauigkeit bis in viele Details fragt es sich, ob der Ofenmaler eine Vorlage benutzt hat oder ob er sich nicht doch eher in Ittingen aufgehalten und sich buchstäblich ein Bild der Anlage gemacht habe. Es ist in vielen Fällen nachweisbar, dass sich der Hafner jeweils persönlich an den Ort eines Auftrags begab, damit er den Ofen seinem künftigen Umfeld anpassen konnte. Es ist stark anzunehmen, dass bisweilen auch der Ofenmaler persönlich mitging, um mit dem Auftraggeber das Bildprogramm zu besprechen. Das dürfte auch hier der Fall gewesen sein, zumal Ittingen ja nicht weit von Winterthur entfernt ist. Beim Maler des Ittinger Refektoriumsofens handelte es sich mit grösster Wahrscheinlichkeit um Hans Heinrich III Pfau, einen der begabtesten Ofenmaler jener Zeit in der Region. Er hat wohl seinen eigenen Eindruck gekonnt in diese Ansicht eingearbeitet und uns damit eine der reizvollsten Veduten der Kartause beschert.