Ikonografie: Bruno
Wie alle Kartäuser beriefen sich auch die Ittinger Mönche auf den heiligen Bruno, dem sie in ihrer Lebensweise nachfolgten.122 Es erstaunt daher nicht, dass der heilige Bruno in Ittingen häufig dargestellt ist, vom Südtor, wo ihn noch heute alle Vorbeigehenden sehen können, bis zu den innersten Klosterräumen und den Handschriften, die nur den Ittinger Kartäusern zugänglich waren. Auch wer durch das Ittinger Museum streift, begegnet ihm an vielen Orten. Allerdings stammen nicht alle Bilder von Bruno aus Ittingen, sondern wurden zum Teil als Ergänzung für die Sammlung des Museums erworben. Auch wenn diese hier nicht berücksichtigt werden, bleiben noch genügend Beispiele aus der Zeit der Kartäuser.
Bruno findet sich als Skulptur, gemalt und gezeichnet, auf kunsthandwerklichen oder gedruckten Erzeugnissen. Einerseits begegnet er uns als einzelnes Motiv im Sinne eines geistigen Vorbilds und einer Identifikationsfigur, andererseits in Darstellungen von Szenen aus seinem Leben.123
Das Leben des Heiligen Bruno – Geschichte und Legenden
In den Bildern, die aus dem Leben Brunos erzählen, vermischen sich Geschichte und Legende.124 Um 1030 wurde er in Köln geboren, weshalb er bisweilen Bruno von Köln genannt wird. In einigen späteren Lebensbeschreibungen gilt er als Angehöriger der Familie Hartefaust, was nicht belegt ist. In Köln besuchte er die Schule, um dann im Alter von 15 oder 16 Jahren zur weiteren Bildung nach Frankreich an die Domschule von Reims zu ziehen. Aus dem Schüler wurde ein Lehrer und schliesslich sogar der Leiter der Domschule. Wegen eines Streits mit dem Erzbischof von Reims musste er fliehen.
Nachdem jener Erzbischof Jahre später abgesetzt wurde, sollte Bruno sein Nachfolger werden. Aber er lehnte ab und beschloss stattdessen, sich als Einsiedler völlig Gott hinzugeben. Das wundergläubige Mittelalter brachte Ende des 13. Jahrhunderts eine Legende mit Bruno in Verbindung. Sie sollte erklären, was ihn zu diesem Schritt veranlasst hatte: Als Bruno in Paris weilte, lebte dort ein sehr frommer Chorherr. Nach seinem Tod wurde er aufgebahrt, bevor er begraben werden sollte. An drei Tagen richtete sich der Chorherr von der Bahre auf, sprach zu den versammelten Menschen und verkündete schliesslich seine Verdammnis. Dieses Ereignis soll Bruno zur Weltflucht bewogen haben. Die Legende veranschaulicht den tiefen Wunsch Brunos, sich im Leben so zu verhalten, dass er den Tod und das Jüngste Gericht nicht zu fürchten hatte.
Im Juni 1084 erschien Bruno mit sechs Gefährten in Grenoble bei Bischof Hugo. Er bat ihn um einen geeigneten Platz für ein einsiedlerisches Leben. Nach der Legende setzte der Bischof die sieben Männer in Zusammenhang mit einem Traum in der Nacht zuvor, in dem ihm sieben Sterne erschienen waren. Die sieben Sterne gehören noch heute zum Wappen des Kartäuserordens. Bischof Hugo verstand das Anliegen und wies ihnen ein einsames Bergtal zu, wo sie sich niederlassen konnten. Das 27 Kilometer nördlich von Grenoble auf rund 1500 Meter Höhe gelegene Gebiet hiess «Chartreuse», ein Flurname, dessen Bedeutung unklar ist. Aus diesem Namen, lateinisch «Cartusia», entstand der Name des Ordens und seiner Klöster. Da die Männer am 24. Juni dort ankamen, am Tag Johannes des Täufers, blieb dies der bis heute begangene Gründungstag der Kartausen, und Johannes der Täufer wird von den Kartäusern besonders verehrt.
Zunächst aber war keine Rede von einem Kloster. Die Männer bauten sich hoch oben neben einer Quelle einige einfache Hütten und eine schlichte Kapelle. Noch im gleichen Jahr, am 2. September 1084, weihte Bischof Hugo die Kapelle und stellte sie unter den Schutz der Muttergottes und Johannes des Täufers. Von den Hütten führte schon bald ein gedeckter Gang zur kleinen Kirche, weil dies in der schneereichen Gegend notwendig war, um geschützt vor der Witterung in die Kapelle zu gelangen. Daraus hat sich der grosse Kreuzgang der Kartausen entwickelt. Dem geregelten Rhythmus des Einsiedlerlebens aus Gottesdienst, Gebet, Studium und Arbeit folgen die Kartäuser noch heute. Bruno war zweifellos die treibende Kraft für die Idee, die in der Chartreuse verwirklicht wurde.
Die Gruppe um Bruno geriet in ernsthafte Schwierigkeiten, als ein einschneidendes Ereignis geschah. Bruno wurde im Jahr 1090 von einem seiner ehemaligen Schüler, Papst Urban II., als Ratgeber nach Italien gerufen. Gehorsam machte er sich zur Abreise bereit. Da seine Gefährten ohne ihn nicht bleiben wollten, gab er die Güter, die sie von einem Kloster erhalten hatten, an die Vorbesitzer zurück. Schliesslich entschloss sich die Gruppe dennoch, die Gemeinschaft nicht aufzugeben, und musste den Besitz mit der Hilfe von Bischof Hugo und des Papstes ein zweites Mal geschenkt erhalten.
Bruno also verliess die Chartreuse und zog an den päpstlichen Hof in Italien, dessen Betriebsamkeit ihm völlig fremd war. Zudem musste der Papst samt seinem Gefolge bald vor seinen Gegnern in den Süden Italiens fliehen. Dort hat ihn Bruno wohl um Entlassung aus seinen Diensten gebeten. Der Papst trug Bruno das Amt des Erzbischofs von Kalabrien an, was dieser jedoch ablehnte. So durfte er zwar nicht nach Frankreich zurückkehren, aber im Süden Italiens eine zweite Einsiedlergemeinschaft gründen. Dabei half ihm Graf Roger II. von Kalabrien. Er schenkte ihm Ende 1091 das Gebiet La Torre, wo Bruno seine zweite Kartause namens Santa Maria del Eremo einrichtete. Dort starb er am 6. Oktober 1101.
Erst rund 30 Jahre nach seinem Tod entstand unter seinen Nachfolgern in der Grande Chartreuse der Kartäuserorden. Durch den Papst heiliggesprochen wurde Bruno noch viel später, und zwar 1514.
Bruno im Bild – Kleidung und Attribute
Ausser in den Bildergeschichten zu Brunos Leben, wo er auch vor seinem Rückzug in die Chartreuse gezeigt wird, ist er immer in den weissen Habit der Kartäuser gekleidet: Über dem bodenlangen, langärmligen Kleid trägt er ein Skapulier mit Kapuze, bestehend aus zwei langen Stoffstreifen, die seitlich ebenfalls durch breite Stoffstreifen (Bandolen) verbunden sind.
Da Bruno erst spät heiliggesprochen wurde und ausserhalb des Ordens nicht sehr bekannt war, hat sich in den Darstellungen keines seiner kennzeichnenden Attribute überwiegend durchgesetzt, sondern er hat verschiedene bei sich. Wie bei vielen anderen Heiligen ist dies oft ein Buch. Sehr häufig hält er einen Totenschädel in der Hand. Dieser erinnert an die Legende von Bruno und dem verstorbenen Chorherrn, drückt aber vor allem auch das Ideal eines guten Todes aus, das Bruno anstrebte. Oft präsentiert er ein Kruzifix als Zeichen seiner Verehrung für den Gekreuzigten, vielfach ist dieses mit einem Olivenzweig geschmückt. Das erinnert an das Psalmwort «Ich bin wie ein fruchtbarer Ölbaum im Hause des Herrn» (Psalm 51.10). Manchmal liegen auch ein oder zwei Bischofsstäbe oder Mitren oder beides zu seinen Füssen oder er weist sie von sich. Das erinnert daran, dass ihm zweimal in seinem Leben ein Bischofsamt angeboten wurde, er es aber beide Male ablehnte.
Wenn bei Bildern von Bruno kurze Texte stehen, so charakterisieren sie den Heiligen – am häufigsten sind die Psalmverse vom fruchtbaren Ölbaum sowie von der Flucht in die Einsamkeit – oder sie wollen fromme Ermahnung sein und Lebenshilfe spenden.
Szenen aus dem Leben des Heiligen Bruno
Verschiedentlich finden sich in Ittingen Bildreihen mit Szenen aus Leben und Legende des Ordensstifters. Die bedeutendste Serie bilden sicher die Deckenfresken der Klosterkirche. Sie zeigen vier entscheidende Szenen aus dem Leben Brunos und seiner Nachfolger.
122 Früh, Bruno.
123 Früh, Bilder und Bildchen.
124 Früh, Bilderzyklen.