Ikonografie: Maria
Maria spielt in der christlichen Ikonografie eine wesentliche Rolle. Ihre Familie, ihr Leben, ihr Tod und ihre Himmelfahrt wurde in vielfältigen Szenen dargestellt, die weit über die Erzählungen in der Bibel hinausgehen. Im Kartäuserorden ist die Marienverehrung seit jeher ausserordentlich wichtig. Der ganz auf das Göttliche ausgerichtete Mönch empfindet sich als Mystiker und «Christusträger, der in der Jungfrau Maria sein Vorbild sieht», wie es der Kartäuser Jean-Marie Hollenstein ausdrückt. Er führt weiter aus, der Mystiker werde zum Bild der Kirche, «denn die göttliche Geburt, die er in sich trägt, macht ihn der Mutter Kirche ähnlich, die ihr Vorbild in Maria hat».184
In Ittingen zeigt sich die Marienverehrung in erster Linie in den zahlreichen Abbildungen der Maria mit dem Kind. Vereinzelt findet sie sich ohne Kind. Anhand der Einzeldarstellungen konnten sich die Ittinger Kartäuser auch mit Marias Schmerz über Christi Leiden und Tod identifizieren oder sich über die Verkündigung der Geburt Jesu oder über ihre Krönung freuen. Bei einer Darstellung des Pfingstwunders steht Maria so sehr im Zentrum, dass diese hier zu den Marienbildern gezählt wird. Auf Szenen aus dem legendären Marienleben scheinen die Ittinger Kartäuser verzichtet zu haben, soweit sich heute feststellen lässt. Diejenigen Bilder, die Maria in Szenen aus dem Leben Christi auftreten lassen, sind im Kapitel zu Christus zusammengefasst.
Auch in der Klosterkirche erscheint Maria meist zusammen mit Christus. Sie ist an prominenten Stellen vertreten, so etwa durch ihr Monogramm in der Bekrönung des Chorgestühls an dessen oberster Stelle, als Figur in einer Nische der Querseite des Chorgestühls, in den Szenen zur Kindheit Jesu auf den Bildern der Supraporten und Kredenzen aus der Zeit um 1700. In der barocken Ausstattung steht wiederum ihr Monogramm in Zusammenhang mit jenem von Christus und Joseph. Am Hochaltar bringt ihr Bruno seine Verehrung dar, und im Deckenfresko über dem Bruderchor erhalten die Kartäuser den Auftrag, das Marienbrevier zu beten.
Maria mit dem Kind
Häufig ist Maria als Muttergottes mit ihrem Kind dargestellt. Die Kartäuser konnten sie in dieser Gestalt oft auf Bildern antreffen. Auch stand in der Regel in jeder Zelle beim Eingang eine kleine Marienstatue, die der Mönch beim Aus- und Eintreten grüsste. In vielen Kartausen diente dazu ein eigener kleiner Raum namens Ave-Maria, den es in Ittingen jedoch nicht gibt. Marienfiguren waren zur Zeit der Übernahme durch die Stiftung in den Zellen keine mehr vorhanden, weshalb sie zu Museumszwecken ergänzt wurden. Auf Einbänden kostbarer alter Bücher erscheint Maria als Relief über dem Ittinger Wappen Maria begleitete die Kartäuser in ihrer.188 Einsamkeit, aber auch bei ihren Zusammenkünften, so im Refektorium und insbesondere in der Kirche.
184 Hollenstein, Stille, S. 68.
188 Z. B. Luginbühl/Bothien, Meisterwerke, Abb. 357, 637.