Heilige Victoria
Herstellungsjahr: um 1692/1769
Technik: Reliquiar
Victoria gehört zu den sogenannten Katakombenheiligen – Personen, deren Gebeine aus der Zeit der frühen Christenheit aus den Katakomben Roms geborgen wurden und von denen man annahm, dass sie wegen ihres christlichen Glaubens umgekommen seien.
Ittingen erhielt 1692 einen Schädel und einige weitere Knochen, die von der heiligen Victoria stammen sollen.212 Die Kartause liess diese Gebeine in einen Schrein fassen. Der Schrein aus schwarz gefärbtem Holz ist mit Silberapplikationen verziert. Die Inschrift der silbernen Plakette an der Sockelpartie lautet: «SACRUM CORPUS GLORIOSAE ET INVICTAE MARTYRIS VICTORIAE» (Der heilige Körper der glorreichen und unbesiegten Märtyrerin Victoria). Hinter den Glasscheiben der Front und Seiten erblickt man den Schädel, der mit reich bestickter Gaze überzogen ist und einen Kopfputz mit Spitzen, Stickereien und bunten Glasflüssen trägt. An der Rückwand sind einzelne kleinere Knochen montiert. Der Schrein ging nach der Aufhebung des Klosters an die Kirchgemeinde Romanshorn und ist seit 1982 als Dauerleihgabe im Ittinger Museum ausgestellt.213
Die Abtei Mariastern-Gwiggen in Vorarlberg besitzt ein Heiligenbildchen, das den Schrein zeigen könnte, allerdings inetwas abweichender Gestalt.214 Möglichweise zeigt es den Zustand vor einer Erneuerung, die 1769 stattgefunden haben könnte. Im Catalogus Priorum215 heisst es im Eintrag zu diesem Jahr: «Item das H. Haupt der S. Victoria kostbahr mit Gold und Berlen auf Samet einfassen lassen.» Es fällt auf, dass auf dem Stich das Reliquiar von einem kuppelartigen Aufsatz abgeschlossen ist. Tatsächlich existiert heute noch ein anderer, grösserer Aufbau, doch wusste man 1982, als man den Schrein nach Ittingen holte, nichts davon.216 Die «Kuppel» mit dem bekrönenden Kruzifix bot einen würdigen Abschluss des Reliquiars.
212 Früh, Victoriakapelle.
213 Dauerleihgabe der Katholischen Kirchgemeinde Romanshorn, Inv. TD 200, 65,5 × 59,5 × 35 cm.
214 Zisterzienserinnenstift Gwiggen, 15,3 × 8,3 cm.
215 Wech, Catalogus Priorum, S. 207.
216 Im Besitz der Katholischen Kirchgemeinde Romanshorn, Inv. 4436.1118, 79 cm.