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Klosterband, Chronicon und Necrologium

Herstellungsjahr: Klosterband, um 1625 / Chronicon und Necrologium, 1781

Um 1623 bis 1630 entstand in Ittingen eine Handschrift im Folioformat, hier Klosterband genannt.23 Das Buch umfasst rund 600 handgeschriebene Seiten, denen am Schluss zwei Druckwerke des frühen 17. Jahrhunderts angefügt sind. Die handschriftlichen Texte waren mit einem Titelbild und 13 sorgfältig ausgeführten Miniaturen ausgestaltet. Sie stammen wohl von Johannes Asper (auch Hans Asper der Jüngere oder Hans III. Asper genannt, geboren 1592 in Zürich, nachgewiesen in Konstanz von 1614 bis 1636, Todesdatum unbekannt, vor 1655).24 Er war Urenkel des gleichnamigen berühmten Zürcher Künstlers Hans Asper der Ältere. Im Jahr 1614 liess er sich in Konstanz nieder und erhielt dort das Bürgerrecht, insbesondere, weil er den katholischen Glauben angenommen hatte.

Der ganze Band wurde zu Ehren des Priors Bruno Müller angelegt (geboren in Warth um 1569, im Amt 1614–1648, gestorben 1651). Er wird zu den fähigsten Regenten Ittingens gezählt. Das ihm gewidmete Buch war für den internen Gebrauch bestimmt, sogar eigentlich nur für den geehrten Prior. Ob es auch andere Mönche lasen und betrachteten, können wir nicht feststellen. Sicher ist immerhin, dass es sich gemäss dem Ittinger Bibliothekskatalog von 1717 damals in der Klosterbibliothek befand und somit den Mönchen zugänglich war.25 Den Anfang des Klosterbands macht eine Geschichte Ittingens in Form von Elegien, die der Pfarrer Johannes Modelius dem Prior Bruno Müller widmete. Sie war ehemals illustriert mit drei Miniaturen und einem Titelblatt. Die weiteren Teile des Bandes enthielten, an manchen Stellen ebenfalls illustriert, Lobgedichte auf Prior Bruno Müller und Gedichte zum heiligen Bruno und seinem Wappen, zum Kartäuserorden und Ittingen sowie zu Laurentius und Niklaus von Flüe.

150 Jahre nach seiner Entstehung wurde der Band fast vollständig seiner Bilder beraubt, doch blieben sie in Ittingen erhalten. 1781 nämlich verfasste der damalige Prior Antonius von Seilern eine Klosterchronik, für die er Passagen aus den Werken des Ittinger Kartäusers Heinrich Murer und von Johannes Modelius abschrieb. Dazu schnitt er kurzerhand die Miniaturen aus dem Klosterband des 17. Jahrhunderts aus und klebte sie in seine eigene Handschrift. Er passte auch das Titelbild an: Er schnitt den Innenteil mit dem Titeltext aus, sodass nur die reich ornamentierte Umrahmung mit den Wappen übrig blieb. Diese Umrahmung klebte er auf die Rückseite des dritten Blattes seines Chronicon und schrieb seinen eigenen Titel in die entstandene Lücke. Das ausgeschnittene Mittelstück des Titelblatts von Modelius wurde in den Entwurf seiner Elegien von 1623 eingeklebt.26 Man kann den originalen, rot geschriebenen Titel von Modelius rekonstruieren, indem man ihn mit der Umrahmung der Seilern-Chronik kombiniert.
Seilerns Handschrift wurde zu unbekannter Zeit in zwei Teile getrennt, die heute als Chronicon Ittingense27 in der Grande Chartreuse und als Necrologium Ittingense28 in der Kantonsbibliothek Thurgau liegen.

23 Früh, Miniaturen.
24 SIKART Lexikon, Asper Hans (III).
25 Bibliotheca Ittingana.
26 Modelius, Ittinger Chronik.
27 Seilern, Chronicon.
28 Seilern, Necrologium.