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Prior Bruno vor der Kartause

Herstellungsjahr: 1624 oder 1628

Technik: Illustration aus der Handschrift Necrologium (Ausschnitt)

Beispielhaft für die «Aussensicht von innen» ist die Illustration im Necrologium, auf der ein Kartäuser neben einem Lorbeerbaum vor der Kartause Ittingen zu sehen ist. Es handelt sich wohl um Prior Bruno Müller.54 Mann und Bäumchen stehen etwas erhöht im Vordergrund, hinten in der Tiefe dehnt sich die Klosteranlage aus. Sie erscheint hier, wie meist üblich, von Süden gesehen, fast in ihrer ganzen Grösse. Dahinter erheben sich der bewaldete Iselisberg und der Seerücken. Die Vedute des Klosters entspricht weitgehend der Wirklichkeit, doch der Hügel im Vordergrund als Standort des Priors ist in der Topografie Ittingens nicht vorhanden. In dieser Ansicht ist die Kartause selbst eher zweitrangiger Hintergrund, gewissermassen Attribut für den Mönch, welcher der eigentliche Bildgegenstand ist. Es fragt sich angesichts dieser Bildfunktion, wie wörtlich die Ansicht zu nehmen ist und ob der Maler Ittingen überhaupt gekannt hat. Er könnte auch eine recht genaue Vorlage zur Verfügung gehabt haben. Jedenfalls sind die charakteristischen Bauteile Ittingens deutlich zu erkennen.

Links des Baumstamms erstreckt sich der noch locker überbaute Wirtschaftshof mit dem imposanten Knechtehaus und dem Garten. Vorn sieht man das Südportal, das mit einem Holztor verschlossen ist, sowie ein kleines Nebentor, rechts anschliessend das Pförtnerhaus, an das die Stallungen angebaut sind. Mit dem schwarzen Gebilde daneben dürfte der Regler des Stauwehrs für den Abfluss des Weihers gemeint sein. Rechts des Baumstamms gruppieren sich die Konventbauten, überragt von der Kirche mit dem charakteristischen Dachreiter. Im Gegensatz zu den anderen Ansichten scheint hier die Kirche samt dem Nordflügel des kleinen Kreuzgangs westlich (links) über die anderen drei Flügel hinauszuragen, während sie sonst im Osten länger dargestellt ist. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um eine Ungenauigkeit des Malers. Östlich ist die Kirche gerade abgeschlossen und weist wohl drei spitzbogige Fenster auf. An die Südwand der Kirche lehnt sich der Nordflügel des kleinen Kreuzgangs. Im anschliessenden kleinen Kreuzgarten fehlen die sonst fast immer abgebildeten Grabkreuze der Mönche, doch ist ein brunnenartiges Objekt zu sehen, das vielleicht als grösseres, denkmalartiges Kreuz gesehen werden könnte. West- und Ostflügel des Konvents laufen auf den Südflügel zu, der rechts weit über sie hinausragt. Diese Länge erscheint etwas übertrieben, doch sind die charakteristischen Bauteile, der schmale Treppenturm und der breite Ostrisalit, deutlich zu erkennen. In diesem Südflügel befanden sich die Procuratur, die Küche mit Ausgang zum Garten rechts des Treppenturms, anschliessend daran wie heute noch das Refektorium, darüber die Räumlichkeiten des Priorats. Weiter rechts dehnt sich der grosse Kreuzgang aus, der um den grossen Kreuzgarten angelegt ist. Die Südostecke wird vom Bildrand abgeschnitten. Die Zellen konnten in den Jahren nach 1620 dank der «Donatio Pfifferiana» neu gebaut werden und entsprechen hier dem erneuerten Zustand. Eine Mauer umgibt die ganze Anlage und schliesst sie gegen die Aussenwelt ab. Wenn das Kloster hier auch nur als kleine Hintergrundmalerei erscheint, hat uns der Maler damit doch eine wertvolle, sehr frühe Ansicht Ittingens geschenkt.

54 Necrologium Ittingense, fol. 28, hier Ausschnitt.