Ansicht der Kartause Ittingen aus der Grande Chartreuse
Herstellungsjahr: 1715
Technik: Ölgemälde
Mit der eben beschriebenen Zeichnung steht zweifellos ein Ölgemälde im Zusammenhang, das sich im Besitz der Grande Chartreuse befindet.63 Das Bild ist Teil einer Serie von nicht weniger als 79 grossformatigen Ansichten verschiedener Kartausen – jede davon misst ganze 220 mal 150 Zentimeter. Das Gemälde stimmt mehrheitlich mit der Darstellung der Zeichnung überein: Die Gebäude entsprechen der Zeichnung, nur die kleine Baugruppe rund um das Küferhaus (in der Zeichnung Nr. 21–23) wurde nach Süden näher zur Scheune gerückt, was der Realität sogar besser entspricht. Fast gewinnt man den Eindruck, dass sowohl der Zeichner als auch der Maler – falls es nicht derselbe Künstler gewesen ist – Ittingen gut gekannt haben müssen. Die Neubauten beim Südtor hat er sogar durch hellere Farbe von der alten Mauer und der noch etwas älteren Scheune abgehoben. Auch die beiden Hunde im Wirtschaftshof hat er übernommen, zudem halten sich im grossen Kreuzgarten und einem Zellengärtchen Mönche im weissen Habit der Kartäuser auf. Ein Schriftband gibt bekannt: «CARTUSIA S: LAURENTIJ / ITTINGENSIS. / PROV: ALEM: INFERIORIS. / Anno 1715.» (Kartause Sankt Laurentius in Ittingen, [Ordens-]Provinz Alemania Inferior, im Jahr 1715.) Auf den Wappenschilden sind Rost und Kessel im Vergleich mit der Zeichnung vertauscht, doch finden sich in Ittingen beide Varianten.
Auf dem Ölbild wachen zusätzlich heilige Gestalten im Himmel über das Kloster: in der Mitte Maria mit dem Jesuskind, die mit ihrem Zepter nach unten auf die Anlage deutet und sie so in Schutz nimmt, links der Klosterpatron Laurentius mit dem Rost in der Hand und geschultertem Palmzweig, rechts der Ordenspatron Bruno mit dem Kruzifix. Von allen drei Heiligen gehen Lichtstrahlen aus, die sich auf die Kartause ergiessen. Gerade aus dieser Ergänzung lässt sich ablesen, dass auch mit Ansichten wie diesen auf den geistigen Hintergrund und die göttliche Gnade – hier vermittelt durch die Heiligen – hingewiesen wurde, ohne deren Schutz und Hilfe ein solches Gemeinwesen nicht gedeihen konnte.
63 Chartreuses d’Europe, S. 11–13.