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Die Truchsesse von Ittingen

Herstellungsjahr: um 1625

Technik: Illustration aus dem Klosterband

Masse: 23,9 × 14,2 cm

Die Geschichte Ittingens beginnt mit den Truchsessen, einem adeligen Geschlecht, das in der Nähe eine kleine Burg bewohnte. Truchsess war ursprünglich ein ritterliches Amt; der Truchsess hatte bei fürstlichen Gastmählern die Getränke aufzutragen. Ein erster Hinweis auf die Existenz der Herren von Ittingen um das Jahr 870 lässt sich nicht mehr belegen. Sicher ist, dass 1079 ihre Burg zerstört wurde. Sie stand vermutlich ungefähr einen Kilometer westlich von Ittingen und muss wohl am Ort der späteren Kartause wieder aufgebaut worden sein. Um 1150 wandelten die Herren von Ittingen ihre Burg in ein Augustinerchorherrenstift um.
Das erste Bild stellt diese früheste bekannte Phase dar, jene der Herren von Ittingen.86 Im Vordergrund steht ihr Wappen samt Helmzier und Oberwappen. Es wird präsentiert von einem reich gewandeten Truchsess von Ittingen, der in der einen Hand eine Schriftrolle, in der anderen die schwarze Decke hält, die auf dem Kelch des Oberwappens liegt. Gegenüber steht seine ebenfalls vornehm gekleidete Frau, dazwischen ein Kind, halb hinter dem Wappen verborgen. Es berührt mit der einen Hand den Kelchfuss des Oberwappens, mit der andern klammert es sich am Gewand der Mutter fest. Hinter der Familie erhebt sich ihre Burg in einer fantasievollen Ansicht: Neben dem befestigten Burgeingang ragt ein Torbau mit einem hölzernen Obergaden auf, dahinter der mächtige Bergfried mit hohem Dach und zahlreichen Türmen. Mit ihm ist der winkelförmige Palas über eine gedeckte Holzbrücke verbunden. Das Türmchen einer Kapelle darf nicht fehlen, denn die Truchsesse galten als fromme Leute. Aus der hohen Ringmauer ragen noch ein Brunnen und ein Wirtschaftsgebäude hervor. Ein kleiner Bildstock ausserhalb der Mauer lädt Vorübergehende zur kurzen Besinnung ein. Vor der Mauer nähern sich ein Reiter und zwei Fussgänger dem Tor. Im Hintergrund zieht sich ein zart gemalter Wald in die Höhe, wie es dem Gelände Ittingens tatsächlich entspricht. Hingegen thront anachronistisch die erst 1471 bis 1474 erbaute Kapelle von Warth über den Reben. Als Zeichen himmlischen Segens brechen Sonnenstrahlen aus den Wolken.
Modelius vermutet, die erste Burg der Truchsesse habe auf dem heutigen «Burghügel» westlich Ittingens, die zweite aber an der Stelle des jetzigen Klosters gestanden. Dann müsste die dargestellte Burg die zweite sein, denn auf dem nächsten Bild ist es diese Burg, die in ein Kloster umgewandelt wird.
Dass das Truchsessenpaar von einem Kind begleitet wird und über dem Kelch des Oberwappens ein schwarzes Tuch liegt, ist aussergewöhnlich. Vermutlich weisen diese Besonderheiten bereits auf den Anfang des zweiten Buchs hin, in dem Modelius eine Gründungslegende des Klosters erzählt: Die Kinder der Truchsesse hatten dem Schweineschlachten zugesehen und dieses nachgeahmt. Dabei erstach der ältere Sohn den jüngeren. Um die Tat zu sühnen, gründeten die Truchsesse ein Augustinerchorherrenstift, und zwar dort, wo ein Stier, den Körper des toten Knaben auf seinem Rücken, stillstand. Modelius, der sonst nüchtern Fakten berichtet, entschuldigt sich für diese Legende: Das Volk erzähle sie so. Er ist aber der Erste, der sie schriftlich überliefert. Gleichzeitig gibt er auch eine etymologische Erklärung des Namens Ittingen. Der Truchsess habe gesagt: «es gfalt mir mit ihme», der Ort für das Kloster gefalle ihm. «Mit ihme» soll sprachlich zu «Ittingen» verschliffen worden sein. Auf den Widerspruch zwischen der Ortsbestimmung durch den Ochsen und seine eigene These der Einrichtung des Klosters in der zweiten Burg geht Modelius nicht ein.

86 Chronicon Ittingense, 23,9 × 14,2 cm.